Jamel Toppin / Forbes US

SUPER MODELS

Teure Spielzeuge. Interesse an einem Vintage-Bugatti oder einem Ferrari-Klassiker? Amalgam Collection baut Ihnen Ihr Traumauto – maßstabsgetreu. Ein Einblick in die bizarre Welt von Spielzeugautos, die 20.000 US-$ kosten.

Text: Forbes US Redaktion Foto: Jamel Toppin / Forbes US

Der Artikel erschien in der Ausgabe 1–21 „Mobilität“.

Sandy Copeman und sein Team bauen im britischen Bristol Autos, die Liebhaber begehren: etwa ­einen 1938er Alfa Romeo 8C 2900 Mille Miglia, einen 1938er Bugatti 57 SC Atlantic, einen 1962er Ferrari 250 GTO 3589GT oder einen 1957er Porsche 356A Speedster, um nur einige zu nennen. Jedes Auto ist ein makelloses, schön bemaltes, handgemachtes Meisterwerk – und kostet nur einen Bruchteil ­dessen, was für solche Oldtimer sonst verlangt wird.

Doch sie haben auch nur ein Achtel der Originalgröße. Das liegt daran, dass Copemans Unternehmen, Amalgam Modelmaking, sich auf den Bau von Oldtimer-Modellen und modernen Automobilen in Spielzeuggröße spezialisiert hat. Tatsächlich ist es ohne einen visuellen Hinweis auf die Größe im Internet oft schwer, die Miniaturmeisterwerke von Amalgam von der Realität zu unterscheiden. „Das ist das Ziel“, sagt der 65-jährige Gründer. „Wenn man ein hochauflösendes Foto machen und es vor jemanden stellen kann – und er keine Ahnung hat, ob es sich um ein ­Modell oder ein echtes Auto handelt: Dann haben wir unsere Arbeit gut gemacht.“

Einige von Amalgams Modellen schaffen sogar die volle Leistung. So verfügt der neue McLaren Senna (im Maßstab 1:8), der etwas mehr als 13.000 US-$ kostet, über Scheinwerfer, Rückleuchten und eine Warnblinkanlage, die über eine Fernbedienung angesteuert werden. Die Türen sind motorisiert und können sich auf Befehl auf und ab bewegen.

Copemans Interesse am Basteln ­ent­wickelte sich, als er ein Teenager war. Mit 14 Jahren baute er ein Spie­gelteleskop und einige E-Gitarren. Eine seiner größten Leidenschaften ­waren Modifikationen und Rennmopeds. „Ich habe früher den ganzen Stahlbau abgezogen und die Mopeds in schlanke, schnelle Maschinen verwandelt. Dann bin ich die Maschinen im Garten meiner Eltern in London gefahren“, erinnert er sich mit einem Lächeln.

Nachdem er mit 17 Jahren die Schule abgebrochen hatte, wurde Copeman zu einem Nomaden: „Ich war ein junger Hippie und reiste durch Europa und Nordafrika.“ Schließlich ließ er sich in einer Künstlerkolonie in Somerset, England, nieder, den Nettlecombe Studios, die vom britischen Maler und Grafiker John Wolseley gegründet wurden. Dort fand Copeman seine Berufung als Modellbauer, nachdem er beauftragt wurde, Gebäude und Dörfer für ein Architekturbüro zu bauen.

Er zog in den späten 1970er-Jahren nach Bristol, und innerhalb eines Jahrzehnts hatten er und drei seiner Kollegen Amalgam Modelmaking gegründet.

ETWA 90% DER FÄHIGKEITEN, DIE WIR ANWENDEN, SIND SEHR TRADITIONELLES KÖNNEN.

Sandy Copeman, Gründer Amalgam Collection.

Sandy Copeman
brach die Schule ab und lebte als Nomade, bevor er in den 1970er-Jahren nach Bristol zog. 1985 gründete er Amalgam Collection.

„Nach sechs Jahren Berufserfahrung in einem kleinen Modellbauunternehmen waren unsere Fähigkeiten und unser Selbstvertrauen so weit gewachsen, dass wir beschlossen, eine eigene Partnerschaft zu gründen. Wir wollten Modelle für Architektenstars wie Norman Foster und andere bauen – sowie für Industriedesigner wie James Dyson“, sagt Copeman.

Amalgam begann 1995 mit der Entwicklung von Modellautos für Formel-1-Rennteams. „Da zeigte sich die Leidenschaft für den Motorsport, die ich und mehrere Teammitglieder hatten; insbesondere für die Formel 1“, sagt Copeman. Als Kind war Copeman ein großer Fan von Jim Clark, einem der größten Formel-1-Fahrer aller Zeiten. „Meine Leidenschaft für die Formel 1 und Automobildesign im Allgemeinen wartete quasi nur darauf, irgendwo ein Ventil zu finden. Wir hatten damals die Möglichkeit, ein erstes Modell (einen Jordan 196, Anm.) zu bauen. 1996 folgte ein Vertrag mit Williams, 1998 schließlich ein weiterer mit Ferrari“, so Copeman.

2004 wurde das Unternehmen aufgeteilt: Eine Sparte kümmerte sich um einmalige Modelle, die andere Sparte produzierte Modellautos in Serie. Copeman: „Ich wollte einfach die weltweit beste Marke für Modellautos aufbauen. Das beinhaltet natürlich ein gewisses Maß an Risiko. Das wurde von meinen Partnern leider nicht geteilt.“

Die beiden Unternehmen sind jedoch weiterhin eng miteinander verbunden. „Wir arbeiteten jahrelang weiter im selben Gebäude und sind auch heute noch befreundet“, so Copeman. Finanzielles Interesse an der alten Firma hat der Modellbauer aber keines mehr.

Von 2006 bis 2007 beauftragte der ­damalige Ferrari-Präsident Luca Cordero di Montezemolo Amalgam mit der Herstellung von Miniaturen aktueller und klassischer Ferraris. „Wir haben mit dem 250TR angefangen“, sagt Copeman. Es dauerte einige Zeit, bis auch Lamborghini, McLaren und andere ­Automobilhersteller Modelle ihrer Straßenfahrzeuge wollten. Da kam das Geschäft richtig in Schwung.

Heute erwirtschaftet das Unternehmen, das Copeman 2016 in Amalgam Collection umbenannte, einen Umsatz von rund zehn Millionen US-$ pro Jahr und baut mehr als 500 Modelle im Monat. Die Preise liegen je nach Größe und Detailgrad zwischen 685 US-$ und 150.000 US-$. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 200 Mitarbeiter*innen und verfügt über zwei Produktionsstätten außerhalb von Bristol, in Chang’an, China, und Pécs, Ungarn.

„Wir übernehmen das Design und die Werkzeugausstattung der Modelle in Bristol“, sagt Copeman. „Aber die meisten Modelle werden in China und Ungarn hergestellt. In Bristol produzieren wir zunehmend Einzelstücke und Sonderprojekte.“

Wie wird aus einem Konzept also ein fertiges Modellauto? Im Falle neuerer Fahrzeuge arbeitet das Amalgam-Team mit Original-CAD-Zeichnungen, die von den Herstellern bezogen werden, um detailgenaue Zeichnungen für jedes Autoteil erstellen zu können. „Durch die Verwendung der CAD-Daten passen alle Teile zusammen und verbinden sich auf eine solide Weise miteinander“, sagt Copeman.

Entwürfe für Oldtimer werden aus ­digitalen Scans der Autos sowie Handmessungen formuliert. „Wir arbeiten zudem mit 600 bis 800 Fotos“, sagt ­Copeman, „damit wir sicherstellen, dass alles maßstabsgetreu ist.“ Ist das Design dann festgelegt, wird es verkleinert. Für die einzelnen Teile werden Formen erstellt. Diese werden aus Metall, Kohle­faser oder Gummi gemacht, einige davon mithilfe von 3D-Druckern.

Nachdem die Teile gegossen wurden, werden sie gewaschen, gereinigt und geschliffen. Dann durchläuft jedes Teil einen Prozess, um sicherzustellen, dass sie perfekt zusammenpassen. Anschließend werden die Modelle grundiert, gespritzt und poliert. Aufkleber und bedruckte Oberflächen werden angebracht, dann werden Motoren, Radnaben und Aufhängungen hergestellt, gefolgt von der Endmontage. „Etwa 90 % der Fähigkeiten, die wir anwenden müssen, sind sehr traditionelles Können“, sagt Copeman über den Prozess, der auch heute noch größtenteils von Hand durchgeführt wird. Er vergleicht sein Tun mit der Uhrmacherei: „Nur rund 10 % entfallen auf moderne Technologien.“

Die Herstellung der Designformen dauert zwischen 2.500 Stunden (z. B. für Open-Wheel-Racer) und 4.500 Stunden für komplexe Oldtimer. Die Herstellung jedes Modells dauert dann weitere 250 bis 450 Stunden. „Der Ferrari ‚La Ferrari‘ benötigt etwa 3.500 Stunden für seine Entwicklung und weitere 350 Stunden für den Bau“, so Copeman.

Amalgams Kunden sind auch ­heute noch Formel-1-Teams, -Fahrer und -Manager. Zu den Kunden zählen aber auch prominente Sammler, etwa Schauspieler Sylvester Stallone, Mode­unternehmer Ralph Lauren oder der Schweizer Uhrmacher Richard Mille. Überraschenderweise sammelt Copeman selbst keine Autos – er gibt sich damit zufrieden, sich jedes Auto bauen zu können, das er haben will …

Text: Chuck Tannert / Forbes US