nobelpreise und oskars

Was macht die Exzellenz von Universitäten aus? Glaubt man einschlägigen Rankingsystemen, dann spielen neben vielen anderen Parametern auch Studium, Lehre und Forschung von Nobelpreisträger*innen eine wichtige Rolle. Wie kompliziert diese Geschichte im Fall der TU Wien ist, zeigen die drei folgenden Beispiele.

Text: tuw.media-Redaktion

Philipp Lenard (1862–1947) war – soweit wir das wissen – der erste spätere Nobelpreisträger, der an der TH in Wien studiert hat. Lenard war hier nur ein Jahr, und zwar 1880/81, inskribiert, besuchte viele Vorlesungen und legte auch eine Reihe von Prüfungen ab. Danach unterbrach er sein Studium für einige Jahre und setzte es in Heidelberg fort.

Dass der Name des Nobelpreis­trägers für Physik (1905 für Arbeiten zu Kathodenstrahlen) heute keinesfalls für Ehrungen verwendet wird und sich keine der Universitäten, die er in seinem von hoher Mobilität geprägten Studium besucht hatte, seiner rühmt, hat mit Lenards engen und jahrzehntelangen Verbindungen mit dem Nationalsozialismus zu tun. Er war als einer der ersten prominenten Wissenschaftler schon 1923 als Sympathisant Hitlers und der NSDAP aufgetreten. In den Folgejahren etablierte er sich als zentrale Figur der sogenannten „Deutschen Physik“. Diese lehnte Erkenntnisse jüdischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, und somit auch moderne Entwicklungen wie Relativitäts- oder Quantentheorie, ab. Dabei argumentierte Lenard auch offen rassistisch.

Der zweite Nobelpreisträger mit Verbindung zur THW hat beinahe sein gesamtes Studium hier absolviert. Richard Zsigmondy (1865–1929) belegte 1883 Technische Chemie und absolvierte im Jahr 1885 die Erste Staatsprüfung in Mindestzeit mit der Bestnote „ausgezeichnet befähigt“.

Er verließ die TH in Wien nach insgesamt vier Studienjahren 1887 in Richtung Göttingen. Der wesentliche Grund: Es war zu dieser Zeit noch unmöglich, an unserer Hochschule ein (für eine wissenschaftliche Karriere in einem naturwissenschaftlichen Fach notwendiges) Doktorat zu erwerben. Die TH Wien erhielt das Promotionsrecht erst 1901.

1889 promovierte Zsigmondy in Göttingen, es folgten Anstellungen als Assistent in München, Berlin und Graz (Habilitation an der TH) sowie ein Intermezzo in der Privatwirtschaft, bevor er 1908 als ordentlicher Professor nach Göttingen zurückkehrte. 1925 erhielt er den Nobelpreis für Chemie für seine Forschungen auf dem Gebiet der Kolloid­chemie. Seit 2001 vergibt die Fakultät für Technische Chemie der TU Wien die Richard-Zsigmondy-Medaille.

Ob die TUW in den Rankings vom Nobelpreis für Physik 2022 für Anton Zeilinger profitieren kann, werden wir erst nächstes Jahr erfahren. Er hat zwar nicht an der TU studiert, aber am damals noch gemeinsam mit der Universität betriebenen Atominstitut bei Helmut Rauch (TH/TU Wien) dissertiert und war ­anschließend lange Zeit an der TUW ­beschäftigt. 1979 habilitierte Zeilinger sich hier und wurde 1983 zum außerordentlichen Professor ernannt.

Dass auch in Technik- und Wissenschaftssparten, in denen es keine ­Nobelpreise gibt, eine exzellente Aus­bildung geboten wurde (und wird), ­beweist die Biografie von Heinrich Horner (1910–1994). Horner hatte parallel zu seinem Architekturstudium an der TH auch am Reinhardt-Seminar studiert, war also von Anfang an interdisziplinär orientiert.

Unmittelbar nach seinem Studienabschluss 1933 war Horner als Ausstatter im Theater an der Josefstadt, an der Met in New York und bei den Salzburger Festspielen beschäftigt. Als Jude emigrierte er 1938 endgültig und machte später in Hollywood als Regisseur und Ausstatter Karriere. Seine beiden Oscars für „Best Art Direction – Set Decoration“ in den Jahren 1950 und 1962 werden aber wohl in keinem Ranking Berücksichtigung finden.    

Paulus Ebner ist Historiker und leitet seit 2016 das Archiv der TU Wien.