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FONTS OF THE future

Schriftarten können Identität herstellen – auch in Filmen. Wir werfen einen Blick auf die Science-Fiction-Klassiker und sehen
uns an, welche Schriftarten gewählt wurden und warum.

Text: Sophie Spiegelberger Foto: o_m/Shutterstock.com

Was haben „Alien“, „2001: A Space Odyssey“ und „Arrival“ gemeinsam? Natürlich sind sie alle Science-Fiction-Filme – aber es ist noch mehr, bevor der Film überhaupt beginnt. Denken Sie an die Anfangssequenzen: In den großen Buchstaben auf der Leinwand werden Sie vergeblich nach verschnörkelten Formen, organischen Kurven oder handgeschriebenen Buchstaben suchen. Viel eher sind es Schriften, die simpel und reduziert gestaltet sind. Und das ist kein Zufall: Schriften unterstreichen die Aussage, die Tonalität.

Doch warum? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir kurz einen Blick ­darauf werfen, wie Schrift denn überhaupt erzeugt wird. Die Buchstaben des lateinischen Alphabets etwa können auf simple geometrische Grundfiguren zurückgeführt werden: Einen Kreis assoziieren wir klar mit einem O, ein Dreieck je nach Ausrichtung mit einem V oder einem A. Dieses System kann für komplexere Buchstabenformen weitergeführt werden, je nachdem, ob man weitere geometrische Elemente dazunimmt oder subtrahiert.

Doch diese Formen können sich in ihren Variationen stark unterscheiden. So könnte man sich etwa eine Skala vorstellen, auf der Schriftarten aufgereiht sind – auf der einen Seite würden sich Schriftarten befinden, die sehr stark vom Menschen beeinflusst sind, während sich auf der anderen Seite das Gegenteil befindet – Fonts, die fast oder gar keine menschlichen Attribute aufweisen. Doch was heißt hier „menschlich“?

Menschlich ist zum Beispiel eine handgeschriebene Notiz; die Buchstaben sind voller Unregelmäßigkeiten. Wenn man ganz genau hinschauen würde, könnte man etwa merken, dass die Striche, die man nach oben zieht, etwas dünner sind als jene, die beim Ziehen des Stifts nach unten entstehen. Auch die Formen selbst sind wahrscheinlich keine perfekten geometrischen Elemente, sondern gestaucht und gedehnt, je nach Handschrift.

Solche ­Charakteristika sind auch in Schriftarten wiederzufinden – und diese können wiederum gewisse Gefühle und Konnotationen wie Sentimentalität oder Verspieltheit mit sich bringen. Auch dessen bedienen sich Designer*innen, wenn sie mittels einer Schriftart eine gewisse emotionale ­Einordnung eines Films erzielen wollen. So wurde etwa für den romantischen Film „Call Me By Your Name“ eine handgeschriebene Schrift verwendet, und ein verspielter Font (namens Evanston Tavern 1893) für Wes Andersons Komödie „French Dispatch“.

Die Zukunft assoziieren wir mit Computern statt Menschen. So ist es auch mit der Schriftgestaltung: Je futuristischer die Schrift, desto kleiner ist die menschliche Komponente. Die Buchstaben auf den bekannten Film­plakaten von „Alien“ (Fu­tura), „2001: A Space Odyssey“ (Gill Sans) und „Arrival“ (Gotham Light) sind reduziert, geometrisch und „computerhaft“.

Nehmen wir als Beispiel den berühmten Titel von Stanley Kubricks Klassiker „2001: A Space Odyssey“. Hier tauschte der Regisseur sogar etwas aus, um eine noch geometrischere Schrift zu erzeugen – wer die hier verwendete Schriftart Gill Sans gut kennt, wird bemerken, dass die zwei Nullen in der Zahl 2001 in Wahrheit gar keine Nullen sind, sondern zwei groß geschriebene Os. Erst ein paar Minuten später verwendet Kubrick eine andere Schriftart als subtilen Hinweis, dass wir uns nun in einem anderen Zeitalter befinden. Der erste Akt des Films spielt nämlich während der Morgendämmerung der Menschheit, definitiv also nicht in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit. Für diese Sequenz wurde dementsprechend die Serifenschrift Albertus verwendet.

Vielleicht als Parade­beispiel der letzten Jahre gilt die ausgewählte Schriftart für den neuesten Science-Fiction-Film des Star­regisseurs Dennis Villeneuve, „Dune“: Hier wurden die Buchstaben so weit reduziert, dass alle vier, also das D, das U, das N und das E, durch eine einzige simple Kurve dargestellt werden, die je nach Drehung einen anderen Buchstaben andeutet.

Wo geht der Trend also hin? Das AIGA, das Amerikanische Institut für Grafische Kunst, prognostiziert, dass geometrische Schriften noch eine Weile beliebt bleiben werden: „Es scheint, als seien geometrische Sans-Serif-Schriften zu einer Art Identität für die digitale Welt geworden“, so der Schrift­designer Gunnar Vilhjálmsson gegenüber dem Design­magazin „Creative Review“. Denn nicht nur Filme verwenden Schriftarten, um Identität herzustellen, sondern auch Unternehmen, Künstler*innen, Politiker*innen – letztendlich wir alle. Das wird spätestens dann spürbar, wenn wir uns gegen einen Lebenslauf in Comic Sans entscheiden. So viel Macht messen wir Schriftarten bei.