Klaus Ranger, Theresia Knobloch

Einser Schülerin

Österreich ist oft ein wenig anders. Das ist auch bei Auszeichnungen für Studierende der Fall: Im November 2022 wurde die TU-Studentin Theresia Knobloch „sub auspiciis“ zur Doktorin der Technischen Wissenschaften promoviert – eine Auszeichnung, die es so nur in Österreich gibt.

Text: tuw.media-Redaktion Foto: Klaus Ranger, Theresia Knobloch

Frau Knobloch, wussten Sie, was der Begriff „sub auspiciis“ bedeutet?
Theresia Knobloch (TK): Mir ist der Begriff „sub auspiciis“ das erste Mal während meines Masterstudiums untergekommen. Nach einer Prüfung meinte ein Professor, dass ich für eine sub-auspiciis-Promotion infrage käme. Danach habe ich mich ein wenig mit dem Thema beschäftigt und es im Hinterkopf behalten. Als ich dann im Rahmen der Einreichung meiner Dissertation auch für „sub auspiciis“ eingereicht habe, wusste ich immer noch nicht, ob ich wirklich in allen Anforderungen wie Notenschnitt, Einhaltung der Studienzeit und Ähnlichem entspreche, da es doch eine recht lange Liste an Voraussetzungen ist, die man dafür erfüllen muss. Glücklicherweise hat es gepasst und ich habe die Auszeichnung bekommen. (lacht)

Interessant finde ich, dass es diese Auszeichnung nur in Österreich gibt; wie vieles andere in Österreich hat auch sie Wurzeln, die bis in die Kaiserzeit zurückreichen. Es ist auch eine Auszeichnung, die man überall anders, sowohl in Europa als auch weltweit, immer wieder erklären muss. Außerdem wird nur ein kleiner Kreis an Absolvent*innen mit einer sub-auspiciis-Promotion geehrt.

Was bedeutet die Auszeichnung für Sie?
(TK): Diese Auszeichnung ist eine besondere Ehre und vermutlich ein Ergebnis meiner generellen Neugier und meines Bestrebens, alle Dinge, die ich angehe und mache, gut zu machen. Mir wurde von klein auf mitgegeben, dass erworbenes Wissen und Fähigkeiten wichtiger sind als Benotungen oder Auszeichnungen; gleichzeitig sind Auszeichnungen meist mit einer hohen Aufmerksamkeit verbunden. Über diese freue ich mich, weil sie hilft, dem in unserer Gesellschaft und in unseren Köpfen weitverbreiteten Stereotyp entgegenzuwirken, dass die Elektrotechnik oder der Maschinenbau klassische Männerdomänen sind. Diese Auszeichnung für mich als Absolventin der Elektrotechnik liefert dazu ein Gegenbeispiel und zeigt, dass Frauen nicht nur in der Elektrotechnik tätig sein können, sondern dass ich und viele Kolleginnen wichtige Beiträge auf dem Gebiet leisten.

Warum sind Ihrer Meinung nach Auszeichnungen für Forscher*innen wichtig?
(TK): Auszeichnungen wie „sub auspiciis“ sind für die wissenschaftliche Karriere hilfreich. Sie sind Punkte, die ich im Lebenslauf anführen kann. Mit dem Lebenslauf und meinen Auszeichnungen bewerbe ich mich schließlich auch im Forschungsfeld und hebe mich dadurch von anderen Forscher*innen ab. Auszeichnungen sind Beurteilungen der Exzellenz von einer unabhängigen Stelle oder Personengruppe und ein weiteres Kriterium, ob ich Fördergeld, die Genehmigung für einen Auslandsaufenthalt oder eine Anstellung bekomme. Wenn Forscher*innen sich für eines der eben genannten Dinge bewerben, dann stehen sie direkt zueinander in Konkurrenz, und solche Auszeichnungen können in die Entscheidung mit einfließen, ob ich die Förderungen für ein Forschungsprojekt bekomme oder jemand anderer.

Sie haben zuvor das Thema Elektrotechnik und Maschinenbau als klassische Männerdomänen beschrieben. Was hat Sie dazu bewogen, in diesem Bereich Fuß zu fassen?
(TK): Schon als Jugendliche hatte ich eine große Begeisterung für Naturwissenschaften im Allgemeinen und Physik im Besonderen. Diese ist immer mehr gewachsen und hat dazu geführt, dass ich in der Oberstufe an verschiedenen Praktika im naturwissenschaftlichen Bereich, unter anderem am Institut für Isotopenphysik der Universität Wien, teilgenommen habe.

Nach der Matura habe ich mich für ein Physik­studium entschieden, weil mich das Fach sehr fasziniert hat. Dabei habe ich nach den ersten Jahren gemerkt, dass das Studium sehr theoretisch und wenig greifbar ist. So spannend die Themen waren, wollte ich mich nicht mit Fragen beschäftigen, wo es vielleicht erst in 50 Jahren eine Messmethode gibt, mit der ich die Hypothesen tatsächlich testen kann. Ich wollte mich lieber mit Dingen beschäftigen, die mehr mit unserem Alltag zu tun haben. So bin ich dann zur Mikroelektronik gekommen. Dabei finde ich es besonders spannend, wie wir auf kleinsten Größenordnungen von ein paar Hundert Atomen Strukturen herstellen können, die dann von Milliarden von Menschen verwendet werden und unser aller Leben beeinflussen. Bei vielen der einzelnen Projekte kann ich dann einen relativ genauen Anwendungsfall innerhalb der nächsten 20 Jahre definieren, und das macht das Ganze für mich persönlich viel spannender und greifbarer.

Die Forschungsprojekte, wie auch meine Dissertation, sind sozusagen angewandte Grundlagenforschung. Wir wissen, wo wir hinwollen, und es ist klar, dass die Ergebnisse – wenn das Ganze erfolgreich wird – von Millionen von Menschen verwendet werden. Selbst wenn es nicht in der übernächsten Generation mikroelektronischer Chips verwendet wird, könnte es in spezialisierten Anwendungen wie beispielsweise Gassensoren verwendet werden. Das ist also nicht nur Zukunftsmusik, sondern da geht es um Dinge, bei denen ich relativ optimistisch bin, dass ich sie selbst noch erleben werde. Ich finde es immer noch faszinierend, dass man in so kleinen Größenordnungen Dinge gestalten und daraus etwas Nützliches bauen kann, also Bauteile herstellt, die nur ein paar Hundert Atome groß sind.

Bei allen Projekten ist es aber wichtig, das große Ganze, also worauf ich hinarbeite, immer im Blick zu haben. An meiner Dissertation beispielsweise habe ich fünf Jahre lang gearbeitet. Bei Projekten dieser Länge brauche ich ein klares Ziel als Motivation, um auch nach Rückschlägen weiterzumachen und nicht den Mut zu verlieren.

Wissenswertes zu „sub auspiciis“
Die Promotio sub auspiciis Praesidentis rei publicae, eine Promotion „unter den Auspizien des Bundespräsidenten“, ist eine besondere Form der Promotion, die es ausschließlich in Österreich gibt. Sie ist die höchstmögliche Auszeichnung von Studienleistungen in Österreich. Die Promotionsfeier ist ein besonderer Festakt für die Promovierten und findet in Anwesenheit des Bundespräsidenten oder eines Vertreters/einer Vertreterin statt. Nach der eigentlichen Promotion mit der Eidesformel und dem Gelöbnis verleiht der Bundespräsident den Ehrenring mit der Aufschrift „sub auspiciis Praesidentis“.

Voraussetzung für diese Ehrung ist, alle Klassen der Oberstufe sowie die Matura mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen zu haben und im Studium die Note „Sehr gut“ bei allen Teilprüfungen der Diplom- bzw. Bachelor- und Masterprüfungen sowie beim Rigorosum zu erhalten.

Bereits seit 1820 erhalten alle sub-auspiciis-Promovierten einen Ehrenring (in der Kaiserzeit mit dem Namenszug des regierenden Monarchen) als Ehrengeschenk. Gesetzlich verankert ist die Auszeichnung seit 1952 in Paragraph 4 des Bundesgesetzes zur Verleihung des Doktorats unter den Auspizien des Bundespräsidenten. Anlässlich des 60-Jahre-Jubiläums des Bundesgesetzes im Jahr 2012 wurde die Neugestaltung des Ehrenrings in Auftrag gegeben, welcher seit Ende 2013 nun neu vergeben wird. An der TU Wien werden seit 1964 sub-auspiciis-Promotionen abgehalten.    

Theresia Knobloch hat ihr Doktoratsstudium der Elektrotechnik 2021 an der TU Wien abgeschlossen. Seit 2016 arbeitet sie als Forscherin am Institut für Mikroelektronik an der TU Wien und beschäftigt sich unter anderem mit den Themen CAD-Modellentwicklung und der elektrischen Charakterisierung von neuartigen Transistoren basierend auf atomar dünnen Schichten.

Text: Sonja Murczek