Längst sind solche Fragen nicht mehr bloß Stoff für Science-Fiction-Geschichten, sondern Thema ernsthafter Diskussionen. Elon Musk stellt klar: Das Ziel seiner Mars-Projekte ist letztlich, die Menschheit zu einer „multiplanetaren Spezies“ zu machen. Auch der Physik-Superstar Stephen Hawking war der Meinung, uns müsse der Schritt in den Weltraum gelingen – und zwar in den nächsten 100 Jahren, bevor die Erde unbewohnbar wird; ein ziemlich düsterer Gedanke.
Doch ist das Fantasterei oder realistisch? Immerhin haben wir Menschen es geschafft, die ganze Erde zu besiedeln, von bitterkalten Polarregionen bis zur glühend heißen Wüste. Dann kann es doch wohl nicht so schwierig sein, auch fremde Planeten zu besiedeln, oder? Ganz so einfach ist das leider nicht.
Die Erkundung des Weltraums wird in Science-Fiction-Filmen oft wie die Erkundung der Weltmeere im Zeitalter der großen Entdeckungsreisen oder wie die Eroberung des Wilden Westens beschrieben. Wie Magellan wollen wir in unbekanntes Gebiet vorstoßen; wie die ersten europäischen Siedler*innen in Nordamerika wollen wir schlichte Behausungen in der Ferne errichten, als Ausgangsbasis für große Abenteuer.
Doch dabei übersehen wir gerne, dass es sich hier um grundlegend unterschiedliche Angelegenheiten handelt: Menschen, die über das Meer reisten oder in Pferdewagen die amerikanische Steppe durchquerten, konnten davon ausgehen, dass ihre Destination grundsätzlich für Leben geeignet ist: Auf der ganzen Erde gibt es Wasser, irgendetwas Essbares lässt sich normalerweise auch auftreiben – auch wenn man auf einer bisher völlig unbekannten Insel haltmacht.
Im Weltraum hingegen gilt das nicht. Er ist grundsätzlich eine ziemlich fremdartige und lebensfeindliche Umgebung. Alles, was man auf einer Weltraumreise zum Überleben braucht, muss man selbst mitbringen. Das macht die Aufgabe schon mal unvergleichlich viel schwieriger. Und auch, wenn man es erfolgreich zu anderen Himmelskörpern schafft, heißt das noch lange nicht, dass man sich dort eine angenehme Zukunft aufbauen kann.
Überall können überraschende Gefahren lauern: So stellte sich etwa auf dem Mond heraus, dass die Raumanzüge der Astronauten durch den Mondstaub viel rascher zerstört wurden als ursprünglich gedacht. Der Mondstaub enthält nämlich extrem scharfkantige Glassplitter – weder Regenwasser noch Atmosphäre können ihre Kanten im Lauf der Zeit abschleifen, und so stellen sie eine dauerhafte Gefahr für Menschen und Maschinen dar.
Auf dem Mars kommt es zu gewaltigen Sandstürmen, die weite Teile des Planeten gleichzeitig erfassen können. Auf dem Jupitermond Europa zu landen ist möglicherweise auch nicht so einfach, wie man sich das vorstellen würde: Es gibt die These, dass seine Oberfläche von bis zu 15 Meter langen Eisstacheln bedeckt ist, die in die Höhe ragen – kein besonders netter Willkommensgruß für menschliche Besucher*innen.
Aber wenn fremde Himmelskörper unfreundlich sind, können wir sie dann nicht nach unserem Geschmack umbauen? Als „Terraforming“ bezeichnet man dieses Konzept – auch darüber wird schon seit Jahrzehnten nachgedacht. Auf dem Mars ist der Atmosphärendruck so niedrig, dass unsere Körperflüssigkeiten dort bei normaler Körpertemperatur zu kochen beginnen würden. Um dort jemals ohne Raumanzug spazieren gehen zu können, müssten wir die Atmosphäre künstlich verändern. Man müsste einen Treibhauseffekt hervorrufen und gleichzeitig Gase freisetzen – und zwar in gigantischem Maßstab.
Auf der Venus wäre die Sache noch schwieriger: Dort liegt die Temperatur bei rund 460 Grad Celsius, der Atmosphärendruck ist rund 90-mal höher als auf der Erde. Das ist die Folge eines gewaltigen Treibhauseffekts, den man zunächst einmal umkehren müsste, bevor man sich an eine Besiedelung wagen kann. Und selbst dann hätte man das Problem noch nicht gelöst, dass die Eigenrotation der Venus so langsam ist, dass ein Venustag 224 Erdentage dauert, wodurch sich gewaltige Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht ergeben.
All das zeigt uns: Weltraumfahrten mögen eine faszinierende Sache sein, und es ist durchaus denkbar, dass Menschen in den nächsten Jahrzehnten fremde Himmelskörper betreten. Aber dort eine dauerhafte Heimat zu finden ist völlig unrealistisch. Wir sind hier zu Hause, auf der Erde. Die Evolution hat uns genau an diesen einen Planeten angepasst, das werden wir nicht so einfach ändern können. Das bedeutet auch: Wir sollten auf unseren Planeten gut aufpassen. Es gibt keinen Planeten B.
Florian Aigner ist Physiker, Autor und Wissenschaftspublizist. An der TU Wien bildet er als Wissenschaftsredakteur die Schnittstelle zwischen Forschung und Wissenschaftsjournalist*innen. 2021 wurde Aigner der Kardinal-Innitzer-Preis verliehen.
Text: Florian Aigner
Illustrator: Jan Siemen