David Visnjic

Der nächste Schritt

Die TU Wien Academy for Continuing Education (ACE) bietet ein breit gefächertes Angebot an Weiterbildung in verschiedenen Bereichen wie Management und Leadership sowie Nachhaltigkeit und Energie, um lebenslang Lernende dabei zu unterstützen, ihre individuellen Ziele zu erreichen und die Zukunft der Gesellschaft mitzugestalten. Diese MBAs machen für Absolventen der Programme auch den Unterschied auf dem Arbeitsmarkt. Im Interview erklärt Univ.-Prof. Dr. Wolfgang H. Güttel, Dean der TU Wien Academy, dass man bei den verschiedenen Abschlüssen in die Tiefe oder die Breite gehen kann.

Text: Ekin Deniz Dere Foto: David Visnjic

Das Büro von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang H. Güttel, Dekan der TU Wien Academy for Continuing Education (ACE), ist hell, durch große Fenster fällt die Nachmittagssonne und man blickt über den Getreidemarkt und halb Wien. Das Interview ist ein angeregtes Gespräch, denn Prof. Dr. Güttel weiß, wie man Geschichten erzählt, und versieht die Beschreibungen der Weiterbildungsprogramme mit Anek­doten aus seiner eigenen Karriere. Weiterbildung muss laut ihm Teil der sich ewig wandelnden Welt sein: „Mit 25 Jahren haben wir in der Regel einen Bachelor- oder Masterabschluss“, sagt Güttel. „Wenn wir davon ausgehen, dass wir danach noch rund 50 Jahre arbeiten, haben wir so viel Zeit vor uns. Es ist wichtig, diese Zeit zu nutzen, um über unsere Führungsfähigkeiten nachzudenken und zu reflektieren.“ Güttels Fachgebiet ist Leadership & Strategy und in der Arbeit mit Führungskräften hat er gelernt, woran es ihnen fehlt oder womit sie kämpfen. Und genau deshalb weiß er, wie wertvoll es ist, nach einem Fachstudium entweder weiter in die Tiefe oder aber in die Breite zu gehen. Um mit dem sich ständig verändernden Arbeitsmarkt Schritt zu halten, hat die ACE ein breit gefächertes Weiterbildungsangebot in vier Clustern entwickelt: Immobilien und Bauwesen, Management und Führung, Nachhaltigkeit und Energie, Technologie und Ingenieurwesen. Die Akademie ist seit 2005 der zentrale Ansprechpartner für die postgraduale Ausbildung an der TU Wien, mit dem Ziel, lebenslang Lernende (Fach- und Führungskräfte und TU-Absolvent*innen sowie) dabei zu unterstützen, ihre individuellen Ziele zu erreichen und damit die Zukunft der Gesellschaft zu gestalten. Durch das Wissen renommierter Dozent*Innen schlägt die Akademie die Brücke zwischen Forschung und Wirtschaft, indem sie Wissenschaft mit praktischer Anwendbarkeit verbindet. Güttel argumentiert: „In den ‚Master of Science‘-Studiengängen beispielsweise vertiefen die Studierenden die Materie und Wissen zu technologischen Aspekten.“

An der Spitze ist man oft alleine.

Prof. Dr. Wolfgang Güttel

In die Breite gehen können TU-Absolventen oder aber Führungskräfte mit einem MBA im Bereich Management und Leadership. Die Fähigkeiten, Veränderungen in der Umwelt zu erkennen, Entscheidungen auf der Grundlage dieser Veränderungen zu treffen und diese Entscheidungen auch umzusetzen, sind wichtige Kompetenzen, die Führungskräfte entwickeln müssen. Menschen und Organisationen müssen sich ständig anpassen, um zu überleben – diese Kompetenzen sind erst einmal abstrakt und es ist wichtig, sie auf einfache Begriffe herunterzubrechen, die leicht zu verstehen und anzuwenden sind. Güttel stellt fest, dass es vielen Managern schwerfällt, ihren Mitarbeitern strategische Ziele zu vermitteln, und weist darauf hin, dass es entscheidend ist, Wege zu finden, diese Ziele zugänglicher und verständlicher zu machen. „Wir wollen, dass unsere Teilnehmer*innen die Netzwerke und die Dynamik verschiedener Branchen und Regionen verstehen, damit sie ihre Karriere vorantreiben und sich in Führungspositionen auszeichnen können“, so Güttel, und weiter: „Wir sind uns bewusst, dass der Wandel konstant und notwendig ist, und wir ermutigen zu kontinuierlicher Weiterbildung und Selbstverbesserung als Mittel zur Anpassung an die sich ständig verändernde Landschaft.“ Hier kommen einem Technologie und KI in den Sinn – beides schreitet mit einer Geschwindigkeit voran, die es der Wissenschaft, der Wirtschaft und Regulierungsbehörden in manchen Fällen schwer macht, mitzuhalten. „Die Implementierung von Technologie kann anspruchsvoll sein, was auch entmutigend sein kann“, erklärt Güttel. Zahlreiche gescheiterte IT-Projekte zeigen, dass das Problem nicht immer bei der Technologie selbst liegt, sondern vielmehr an der Akzeptanz der Technologie. „Wer ist für dieses Akzeptanzproblem verantwortlich?“, fragt Güttel rhetorisch: „Es sind nicht die Mitarbeiter, sondern die Führung spielt eine wichtige Rolle.“

Für diejenigen in Führungspositionen, die sich weiterentwickeln wollen, bietet die ACE eine klassische Mana­gementausbildung an, die Planung, Organisation, Personaleinsatz, Kommunikation und Koordination sowie Führungstraining umfasst. Meistens ist das Stellen der richtigen Fragen der größte Schritt, um erste Antworten zu finden. Dementsprechend motiviert die Akademie die Studierenden, Fragen zu stellen wie: „Wie setze ich meine Prioritäten? Wie abwechslungsreich ist mein Führungsstil?“, bis hin zu „Wie entwickle ich die Menschen, für die ich verantwortlich bin, zu einem Team?“

„Als Führungskraft ist es entscheidend, seine Rolle neu zu definieren und sich auf die Zukunft zu konzentrieren, anstatt nur auf den Inhalt des Fachs“, so Güttel. „Die, die sich tief in ein Fachgebiet eingearbeitet haben, müssen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sie sich um Menschen kümmern müssen“, sagt er. „Führung und Management sind integrale Aspekte der Technik und des Ingenieurwesens. Um auf dem neuesten Stand zu bleiben, ist es unerlässlich, sich mit den Inhalten der Hochschulfächer zu befassen, die etwa ein Drittel des Wissens ausmachen.“

„Wir sind uns bewusst, dass der Wandel konstant und notwendig ist, und wir ermutigen zu kontinuierlicher Weiterbildung und Selbstverbesserung als Mittel zur Anpassung an die sich ständig verändernde Landschaft.“

Prof Dr. Wolfgang Güttel

Und weiter: „Management und Führung bieten einen erheblichen Mehrwert in Bezug auf einen Bewusstseinswandel“, sagt Güttel. „Wenn ich meine Rolle anders ausführe und anders an sie herangehe, kann das einen erheblichen Einfluss haben.“ Er führt das Beispiel des Multiplikatoreffekts von Führung an und erklärt: Wenn eine Führungskraft für zehn Mitarbeiter verantwortlich ist, die die Arbeit erledigen, und wenn diese Führungskraft ihre Rolle effektiv wahrnimmt, kann sie die Produktivität um 20 % steigern, was 1,2 Mitarbeiter*innen entspricht. Das Unternehmen hat also jetzt 11,2 statt zehn Mitarbeiter*innen, ohne dass die Lohnausgaben zusätzlich steigen.Führungskräfte müssen darüber nachdenken, wie sie mit ihren Organisationseinheiten und Partnern in Kontakt treten können, wie sie auf das Feedback ihrer Mitarbeiter hören und wie sie ­verschiedene Persönlichkeits­typen verstehen. Dies sind Aufgaben, die emotionale und soziale Intelligenz erfordern, die in der klassischen formalen Ausbildung oft übersehen wird. „Gruppendynamische Übungen und Fallstudien ermöglichen es Führungskräften, Gedanken und Ideen auszutauschen, herauszufinden, was gut funktioniert, und darüber nachzudenken, wie sie Dinge anders machen können“, so Güttel. Dabei kommt Learning by Doing ins Spiel: Mit der Zeit werden sich die Führungskräfte ihrer Rolle und Verantwortung bewusster und es eröffnen sich neue Wachstumsmöglichkeiten.

Die Verantwortung geht jedoch über das unmittelbare Umfeld des Einzelnen hinaus. Um eine Führungspersönlichkeit von morgen zu werden, ist es unerlässlich, sowohl gesellschaftliche als auch globale Verantwortung zu übernehmen. Künftige Führungskräfte müssen auch ein gutes Verständnis dafür haben, wie sie nachhaltig wirtschaften und wie sie Technologien in ihrem Unternehmen einsetzen können. Gemeinsam mit der Diplomatischen Akademie bietet die TUW Academy daher eine Ausbildung in Umwelttechnologie und internationale Beziehungen an.

Führungskräfte sind aber auch nur Menschen – und „an der Spitze ist man oft allein“, so Güttel. Was hilft: Reflexion. „Ich glaube, dass regelmäßiges Nachdenken wichtig ist, und Führungs­kräfte sollten es institutionalisieren, um sich selbst zu verbessern“, so Güttel. „Die Zeit muss ich mir nehmen.“

Im Cluster Technik und Ingenieurwesen liegt der Schwerpunkt auf der Kombination von technischem Know-how mit Führungsfähigkeiten, um Manager mit technischem Hintergrund vorzubereiten. Dies wird angesichts des rasanten Tempos der technischen Innovation und des ständigen Wandels in Unternehmen immer wichtiger.

Vor seiner akademischen Laufbahn war Wolfgang Güttel als Unternehmensberater tätig und gründete sein Beratungsunternehmen Güttel Management Consulting, Training & Research in Wien.

Die ACE der TU Wien fördert seit über 15 Jahren die nachhaltige Entwicklung durch wissenschaftliche und praktische Expertise. Die im Cluster Nachhaltigkeit und Energie angebotenen Programme reichen von Umwelttechnologie & Internationale Angelegenheiten bis hin zu Nachhaltiges Bauen. Auch hier kann Güttel von einem Best-Practice-Beispiel berichten: dem Gebäude Getreidemarkt 9, aus dessen Fenster er gerade blickt. Das Plus-Energie-Bürohochhaus an der östlichen Ecke des Campus Getreidemarkt der TU Wien ist eines der acht Gebäude, die im Rahmen der Initiative TU Univercity 2015 saniert oder umgebaut wurden. Die Umwandlung des Hochhauses aus den 1970er-Jahren in ein zeitgemäßes Plus-Energie-Gebäude brachte einige Herausforderungen mit sich, doch es ist jetzt ein gutes Beispiel für nachhaltiges Bauen und eine Art „Preach what you teach“. „Das Gebäude ist nicht nur nachhaltig“, sagt Güttel, „sondern auch das höchste hier in der Gegend.“

Dem wohnt viel Symbolkraft inne: Wer beruflich hoch hinaus will, solle die MBAs der TU Wien in Betracht ziehen, denn „sie machen den Unterschied auf unserem hart umkämpften Arbeitsmarkt – mit ihnen hebt man sich von der Masse ab.“

Wolfgang H. Güttel ist ordentlicher Professor für Leadership & ­Strategy am Institut für Management­wissenschaften an der TU Wien sowie Dean der TU Wien Academy for Continuing Education. Seine Haupt­forschungsgebiete sind Führung, strategischer Wandel und Lernen im Kontext neu entstehender Technologien in komplexen sowie sich dynamisch entwickelnden Umgebungen.