Eigentlich begannen die Science Busters als Spaßprojekt. Was Martin Puntigam gemeinsam mit den beiden Physikern Heinz Oberhummer und Werner Gruber 2007 gründete, ist heute eine vom ORF produzierte Show. Weil wissenschaftliche Phänomene wie Asteroiden, Photonen und Viren nicht immer einfach zu verstehen sind, sorgt Puntigam mit viel Witz dafür, dass Wissenschaftler*innen auf seiner Bühne „nicht in die völlige Unverständlichkeit abgleiten“. Neben seiner Tätigkeit als Kabarettist und Autor ist Martin Puntigam Lektor an der Universität Graz.
„Wer nichts weiß, muss alles glauben“ – so lautet das Motto bei den Science Busters. Wofür steht der Spruch?
[MARTIN PUNTIGAM]: Bei uns – genauso wie schon bei der Erfinderin des Zitats, Marie von Ebner-Eschenbach – dafür, dass man aufs Ungefähre, nicht selten auch Falsche angewiesen ist, wenn man keine verlässlichen Informationen als Entscheidungsgrundlage hat. Und da ist Wissenschaft die beste Quelle, die wir haben.
Sie machen seit 30 Jahren Kabarett. Was hat Sie dazu bewogen, schon so früh auf der Bühne stehen zu wollen?
[M. P.]: Kabarett war Ende der 80er-Jahre erstens gesellschaftspolitisch noch relevant und zweitens auch ein Beruf, in dem man gut beschäftigt sein und Geld verdienen konnte. Das war natürlich verlockend für mich mit meinen damals knapp 20 Jahren. Ich hab’s einfach probiert, und glücklicherweise hat es bislang ganz gut funktioniert.
Was war Ihr ursprünglicher Berufswunsch? Wie hat es Sie in die Unterhaltungsindustrie verschlagen?
[M. P.]: Ein bisschen habe ich Medizin studiert, durchaus mit dem Ziel, Arzt zu werden, aber als ehemals leidenschaftlicher Ministrant war ich natürlich auch ein Bühnentier. Und sofort mit eigenen Witzen, ohne studieren zu müssen und ohne Vorgesetzte mein Auskommen zu finden, das war vergleichsweise eine zu große Verlockung. Auf der Bühne kann ich auch nicht so viel Schaden anrichten. Eine missglückte Vorstellung ist eine missglückte Vorstellung, da ist nicht viel passiert – eine missglückte Operation ist da nicht ganz so belanglos. Besser für meine Mitmenschen also, dass ich auf der Bühne stehe.
Mit der Erfolgstruppe Science Busters haben Sie den österreichweiten Durchbruch geschafft. Wie begründen Sie den Erfolg? Was war die Intention hinter den Science Busters?
[M. P.]: Wissenschaft und Forschung sind nicht nur interessant, sondern dominieren unseren Alltag und machen unser modernes Leben erst möglich. Dass das Thema viele Menschen interessiert, wenn man es ordentlich aufbereitet, war keine große Überraschung. Weltweit hat es bereits jede Menge erfolgreicher Wissenschaftskommunikation gegeben. Österreich war da ein wenig spät dran, und das war unsere Chance. Früher, als man noch nicht viel über die Gesetze des Universums gewusst hat, hatten Fantasiegestalten wie Götter noch einen gewissen Reiz. Aber Naturwissenschaft ist deutlich faszinierender und – Supertrumpf – die Sachen stimmen auch! Wie dumpf und destruktiv und auch unlustig Regierungen sein können, in denen Aberglauben noch eine große Rolle spielt, kann man ja aktuell an reaktionären Exekutiven wie in Polen oder Afghanistan sehen. Außerdem tragen wir durchwegs sehr schöne Kostüme. Ganz zu schweigen von meinen tadellosen Kunststoffnippeln.
Was passierte mit dem Projekt 2015, nachdem Mitgründer Heinz Oberhummer starb und das zweite Gründungsmitglied Werner Gruber ausstieg?
[M. P.]: Uns gibt’s noch immer, und momentan sind wir wieder sehr erfolgreich. Auch, weil Wissenschaftskommunikation nicht zu den großen Verlierern der Pandemie gehört und wir uns im Lauf der Zeit viel Vertrauen beim Publikum erarbeitet haben; was gerade jetzt, wo so viel Schwachsinn über Covid und die Impfung verbreitet wird und Impfgegner das Land in Geiselhaft nehmen mit ihrer Ignoranz und Rücksichtslosigkeit, besonders wertvoll ist.
Heinz Oberhummer, der gern auf Tour war und unter Leuten, hätte nicht nur die Pandemie gehasst, sondern vor allem auch die Irrationalität und Grausamkeit dieser Egoistinnen und Egoisten, die uns die vierte Welle beschert haben. Sein Tod war nicht nur auf der Science-Busters-Bühne ein gewaltiger Einschnitt, sondern vor allem auch privat ein Riesenverlust. Wir waren ja eng befreundet. Und oft würde ich ihm gern was erzählen und mich gemeinsam mit ihm freuen.
Dass sich die Wege der Science Busters und jener von Werner Gruber trennen, war schon Anfang 2015 und lange vor dem dramatischen Herbst desselben Jahres klar, und die Trennung war einvernehmlich. Heinz und ich hatten schon länger davor überlegt, das Ensemble zu erweitern. Denn ehrlich gesagt hatten wir die Physik auch ein bisschen durch nach knapp zehn Jahren.
EIN BISSCHEN HABE ICH MEDIZIN STUDIERT – DURCHAUS MIT DEM ZIEL ARZT ZU WERDEN, ABER ALS EHEMALS LEIDENSCHAFTLICHER MINISTRANT
WAR ICH NATÜRLICH AUCH EIN BÜHNENTIER.
Martin Puntigam, Autor, Kabarettist und Schauspieler.
Wie sieht das Team hinter den Science Busters heute aus?
[M. P.]: Im Laufe des Jahres 2015 haben wir all jene, die heute das Ensemble stellen, getroffen und gefragt, ob sie bei uns einsteigen wollen: Martin Moder, Molekularbiologie; Elisabeth Oberzaucher, Verhaltensbiologin; den Mikrobiologen Helmut Jungwirth; den Chemiker Peter Weinberger von der TU Wien; meinen Kabarettkollegen Gunkl – und den Astronomen Florian Freistetter, der schon im Mai 2015 mit Heinz gemeinsam auf der Bühne gestanden ist. Letzter Neuzugang ist Ursula Hollenstein, Infektiologin und Expertin für Reisemedizin. Unlängst haben wir auch die 100. Ausgabe unserer Fernsehshow gefeiert. Und ein Ende ist nicht abzusehen.
Im November 2021 hat die Sendung „Science Busters“vom Klimaschutzministerium das Österreichische Umweltzeichen für Green Producing in Film und Fernsehen bekommen. Warum genau wurden Sie dafür ausgezeichnet?
[M. P.]: Gebhardt Productions, mit der
wir gemeinsam unsere TV-Show für den ORF produzieren, hat sich entschlossen, allmählich möglichst alle Sendungen nach den Maßstäben des Green Producing herzustellen. Das scheint gelungen zu sein, und die Auszeichnung gebührt eigentlich ihnen.
Was haben Sie als Kabarettist eigentlich mit der Wissenschaft zu tun? Wie schaffen Sie es, den richtigen Bogen zwischen Wissenschaft und Humor zu spannen?
[M. P.]: Wenn sich Maschinenbauer für Wissenschaft interessieren oder Chemikerinnen, warum nicht auch Kabarettisten? Wir leben in derselben Welt, Kabarettisten sind Menschen wie andere auch; mit vergleichbarem Stoffwechsel, ähnlichen Leidenschaften und Fehlern. Mit Witzen kenne ich mich nach über 30 Bühnenjahren ganz gut aus, wäre auch schlecht, wenn nicht. Vieles in der Wissenschaft ist von Haus aus schon sehr lustig, und bei anderem muss man nicht viel schrauben, um Komik zu erzielen. Das rosa Trikot ist einfach sehr schön, ich möchte den Menschen ja auch ästhetisch eine Freude machen. Mittlerweile habe ich sogar einen Schrank voller Kostüme, nicht nur rosa, sondern in vielen Farben und mit Katzen- und Fledermausmotiven und natürlich jeder Menge Fell und Glitzer.
Martin Puntigam
ist Autor, Kabarettist und Schauspieler und vor allem für sein Wissenschaftskabarett Science Busters bekannt. Seit 30 Jahren steht der Künstler nun schon auf der Bühne.
Wie schaffen Sie es in dunklen Zeiten, etwa während der Lockdowns, die Leute zum Lachen zu bringen?
[M. P.]: Humor hilft in vielen Lebenslagen, um mit Tragik und Elend zurande zu kommen. Außerdem haben auch Katastrophen wie eine Pandemie heitere Seiten: Wer hätte beim ersten Mal Ausgangssperre – einen Lockdown hatten wir ja zum Glück nie – gedacht, dass man aus Klopapier auch ziemlich köstlichen Schnaps machen kann?
Neben dem Kabarett sind Sie auch Schauspieler und Autor einiger Fernsehsendungen. Was beschäftigt Sie derzeit? Welche Projekte stehen an?
[M. P.]: Wenn die Theater einmal nicht gesperrt sind, versuche ich, mit meinem Solo „Glückskatze“ zu touren, dem Jubelprogramm zu meinem 30-jährigen Bühnenjubiläum. Allzu oft war das seit Herbst 2019 leider nicht der Fall. Dabei habe ich die darin servierte Verschwörungserzählung mittlerweile wirklich sehr schön neu aufgekocht – denn ursprünglich hatte ich ja eine „mittlere Katastrophe zur Rettung der Menschheit“ angekündigt. Nur: Die passiert gerade. Das habe ich also adaptieren müssen. Im Frühjahr haben wir endlich Premiere mit „Science Busters for Kids“ in Graz, und im Herbst 2022 feiern wir bereits 15-jähriges Bestehen, mit neuer Show und neuem Buch. Ein großes Freizeitproblem werde ich also eher nicht bekommen.