Wir alle benutzen sie täglich: die Straßen, Radwege und öffentlichen Verkehrsmittel unserer Stadt. Sie durchziehen die Metropolen der Welt und erlauben es Menschen, von A nach B zu gelangen. Mancherorts gelingt das besser, an anderen sorgen Staus und volle U-Bahnen für Frust. Tatsächlich ist es schwierig, eine Stadt wirklich schlau zu planen – es ist wortwörtlich eine Wissenschaft für sich.
Das Future Lab der TU Wien forscht im Gebiet der Stadt- und Raumplanung. Angesiedelt an der Fakultät für Architektur und Raumplanung bietet es eine Plattform, auf der sich Forschende, Studierende und Expert*innen aus der Praxis austauschen und gegenseitig unterstützen können. Ziel ist es, aus der Theorie konkrete Projekte abzuleiten und diese Vorhaben in die Praxis umzusetzen. Dabei liegt der Fokus auf experimentellen und transdisziplinären Ansätzen.
Im Research Center wird die Forschung des Instituts auf vier Bereiche aufgeteilt: Digitalisierung und Raum, ländlicher Raum, New Social Housing und soziale Infrastruktur/Bildung. Die Themen behandeln Stadt und Land und beziehen auch einen sozialen Aspekt mit ein, der in der Mainstreamforschung, besonders im internationalen Forschungskontext, oft zu kurz kommt.
Die vier Schwerpunkte kommen in der Innovationswerkstatt zusammen, die „soziale Innovationen in Österreichs Stadtentwicklung sichtbar machen und unterstützen“ möchte, wie auf der Website des Future Labs beschrieben wird. Die Innovationswerkstatt verbindet Forscher*innen in ganz Österreich und im Ausland und kooperiert mit anderen Universitäten, aber auch öffentlichen und privaten Unternehmen. Gemeinsam mit der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH, Österreichs größter Hausverwaltung, forschen Wissenschaftler*innen der Innovationswerkstatt etwa an der Entwicklung bestimmter Stadtbereiche.
Das Team des Future Labs zählt aktuell 25 Köpfe; Studierende genauso wie Postdocs und Professoren. Geleitet wird das Institut von Rudolf Scheuvens, der 2008 als Professor für örtliche Raumplanung und Stadtentwicklungsplanung an die TU Wien kam, nachdem er zuerst sechs Jahre Professor für Städtebau und Baugeschichte an der FH Hannover und ein Jahr an der Jade Hochschule in Niedersachsen war. Seit 2013 ist Scheuvens Dekan der Fakultät für Architektur und Raumplanung an der TU Wien; im selben Jahr gründete er das Future Lab.
Neben Forschungsmöglichkeiten bietet das Future Lab Lehrveranstaltungen für Studierende der TU Wien an. Ein Beispiel dafür sind die „Field Trips in Public Space“: Hier werden Studierende aus Architektur und Raumplanung auf Forschungsreisen in europäische Städte entsandt. „Ziel ist das Zusammentragen von Handlungswissen, beispielsweise im Umgang mit den Herausforderungen der Klimakrise, bezogen auf die Raumwirksamkeit der Digitalisierung oder im Kontext von Migration und Integration“, erklärt Scheuvens. Dies seien Themen, die für die Architektur und Raumplanung von hoher Relevanz sind, so der Professor. Zur Finanzierung der Forschungsreisen erhalten die Studierenden ein Forschungsstipendium, das über Mittel der Stadt Wien finanziert wird.
Ein weiteres Beispiel ist die Lehrveranstaltung „Coming to terms: Klimakrise“, in der Teilnehmer*innen unter anderem über Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Wachstumskritik lernen und diskutieren. Diese Stichworte spielen nämlich auch in der Stadtplanung eine große Rolle, denn der Bausektor ist extrem energieintensiv. Laut einem neuen Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen gingen 40 % des europaweiten Energieverbrauchs an die Baubranche, 80 % davon stammen aus fossilen Brennstoffen.
Die damit einhergehenden CO2-Emissionen fordern Veränderungen, mit denen sich Architektur und Raumplanung als Mitverantwortliche des Ressourcenverbrauchs des Bausektors befassen müssen, wenn die optimistischen Klimaziele des Westens eingehalten werden sollen.
Damit das gelingt, ist die Vision des Future Labs besonders wichtig, auch alternativen Ansätzen eine Plattform zu bieten – und diese dann auch Realität werden zu lassen.
Rudolf Scheuvens begann 2001 als Professor für Städtebau und Baugeschichte an der FH Hannover zu lehren. 2008 kam er als Professor für örtliche Raumplanung und Stadtentwicklungsplanung an die TU Wien, wo er seit 2013 Dekan der Fakultät für Architektur und Raumplanung ist. 2013 gründete er das Future Lab.