Denn der Senior Manager leitet Teams in der Hardware-Entwicklung für E-Mobility bei Bosch Österreich am Standort in Wien. Laut Moderbacher braucht der Standort Zukunftsthemen, und er will mit seinen Teams dafür sorgen, dass diese an seinem Standort groß werden. Doch auf dem Weg dorthin müssen durchaus Herausforderungen gelöst werden.
Laut einer Studie des Beratungsunternehmens McKinsey ist es keine Frage, dass die Zukunft der Mobilität elektrisch ist. Bis 2030, so die Prognose, werden 75 % aller Neuwagen in Europa elektrisch sein, 25 % der Autos auf den Straßen sind dann bereits mit elektrischem Antrieb unterwegs. Die Transformation der Automobilbranche ist im Kampf gegen die Klimakrise ein wichtiges Puzzlestück – doch um jene tatsächlich aufzuhalten, muss die Veränderung noch schneller passieren, als dies derzeit schon der Fall ist.
Auch deswegen investieren Automobilkonzerne im großen Stil in das Thema. 450 Milliarden € sollen Autobauer weltweit bis 2030 in E-Mobilität und Akkus stecken, so eine Kalkulation der Nachrichtenagentur Reuters. Doch nicht nur die großen Autohersteller, auch ihre Zulieferer sind von dem Wandel stark betroffen, darunter auch Bosch. Der deutsche Konzern hat sich über viele Jahre einen exzellenten Ruf in der Branche aufgebaut – und ist heute der größte Automobilzulieferer der Welt. Rund 60 % des insgesamt fast 80 Milliarden € hohen Umsatzes macht Bosch in diesem Segment. Um die Zukunft des 136 Jahre alten Unternehmens und die Jobs der über 400.000 Mitarbeiter*innen zu sichern, muss Bosch den Trend in Richtung Elektrifizierung bzw. alternative Antriebssysteme also klug nutzen.
Das gelingt unter anderem mit neuen Komponenten, die man bei Bosch plant, entwickelt und produziert. Und da kommt Andreas Moderbacher ins Spiel. Der 33-jährige Elektrotechniker, der seit 2015 bei Bosch in Österreich tätig ist, arbeitet seit einem Jahr als Senior Manager im Bereich E-Mobility Power Electronics Development. Das bedeutet, dass er mit seinem mittlerweile 30 Personen umfassenden Team (das sehr bald deutlich größer sein wird) daran arbeitet, sogenannte Inverter zu entwickeln und zu verbessern. Inverter wandeln die Gleichspannung aus der Batterie in eine Drei-Phasen-Wechselspannung für die E-Maschine um. „Es handelt sich dabei um das Objekt, das zwischen Batterie und Elektromotor liegt. Es macht zum Beispiel aus der 400-Volt-Batterie die Drei-Phasen-Wechselspannung für den E-Motor“, erklärt Moderbacher. Elektroautos, die mit einer 400-Volt-Batterie ausgestattet sind, können dreiphasigen Strom laden.
Dass Bosch ein solches Zukunftsthema am Standort Wien ansiedelt, ist nicht selbstverständlich. „Wir haben uns in Wien mit der Entwicklung von Motorsteuergeräten einen guten Ruf erarbeitet. Neben Deutschland arbeiten wir gemeinsam mit Kolleg*innen aus Ungarn, Indien, China und den USA zusammen. Wien wird gemeinsam mit den Kolleg*innen in Deutschland die Speerspitze in der Entwicklung bilden, also die Pilot- und Plattformprojekte für diese Produkte umsetzen“, so Moderbacher.

Ich kann mithelfen, Arbeitsplätze in Wien zu schaffen. Außerdem glaube ich an den Wert von Mobilität, mit der man die Welt sehen und frei sein kann.
Andreas Moderbacher, Senior Manager for Electromobility Power Electronics Development bei Bosch
Aufgewachsen auf einem kleinen Bauernhof im Mostviertel war Moderbacher harte Arbeit schon immer gewöhnt: „Wir haben zu Hause eigentlich immer mitgeholfen.“ Was den Niederösterreicher und seine zwei Brüder damals noch nervte, sieht er heute positiv: „Ich denke im Nachhinein schon, dass mir das einiges mitgegeben hat.“
Eigentlich war für sein Umfeld klar, dass Moderbacher eine Lehre machen würde. Nach dem neunten Schuljahr entschied er sich jedoch, die HTL abzuschließen. Ein Studium war zu diesem Zeitpunkt noch kein Thema. Als dann die Lehrer*innen mit der Zeit seine technischen Fragen nicht mehr beantworten konnten, erkannte Moderbacher, dass er wohl doch noch auf die Universität muss. Zur Wahl standen Astronomie in München (das Thema ist bis heute ein Hobby) oder Elektrotechnik an der TU Wien. Er entschied sich für Zweiteres, schloss sein Bachelorstudium ab, arbeitete nebenbei in Teilzeit und war auch als Universitätstutor tätig. Anschließend schloss er seinen Master in Mikroelektronik ab, unter anderem mit einem Auslandsjahr an der Universität im schwedischen Lund. In Schweden spielte Moderbacher dann sogar mit dem Gedanken, eine akademische Karriere einzuschlagen, entschied sich jedoch dagegen. Er wollte lieber mit Menschen arbeiten, statt alleine über seiner Forschung zu brüten, so der Niederösterreicher.
Er kehrte nach Wien zurück, verschickte sieben Bewerbungen – und bekam sieben Zusagen. Letztendlich fiel seine Wahl dann auf Bosch. „Ich hätte zu Beginn anderswo teilweise mehr verdienen können. Mir war das Unternehmen aber sympathisch und ich hatte gehört, dass Bosch sehr mitarbeiterorientiert ist – ich habe die Entscheidung nie bereut“, sagt er.
Grundsätzlich hat Bosch drei Karrierepfade: einen in der Linie, also die Entwicklung zu einer klassischen Führungskraft im Konzern, einen Projektleiter*innenpfad, wo Mitarbeiter*innen früher oder später Projekte unterschiedlicher Größe übernehmen, und eine Expert*innenkarriere, wo Techniker*innen in ihrem Bereich bleiben. „Jeder dieser Karrierepfade ist im Unternehmen gleichgestellt, das hat den Vorteil, dass alle ihren Stärken nach weiterentwickelt werden können und auch Techniker*innen, die keine organisatorischen Tätigkeiten übernehmen wollen, einen guten Platz finden.“
Auch bei Bosch ging es für Moderbacher Schlag auf Schlag. Er startete als Teilprojektleiter, war dann Akquise-Projektleiter, anschließend Gesamtprojektleiter für Motorsteuergeräte, bevor er 2021 zum Senior Manager im Bereich E-Mobility aufstieg. Neben der Tatsache, dass er Mitarbeiter*innen führen kann, motiviert Moderbacher auch das Thema Elektromobilität an sich.
Obwohl die Herausforderung, in seinen jungen Jahren eine solch relevante Aufgabe zu übernehmen, groß war, überlegte Moderbacher nicht lange. „In dieser Rolle kann ich mithelfen, Arbeitsplätze in Wien zu schaffen. Außerdem glaube ich an den Wert von Mobilität, mit der man die Welt sehen und frei sein kann. Diesen Bereich grüner zu gestalten ist mir auch persönlich ein Anliegen. Das hat dann also sehr gut gepasst.“
Andreas Moderbacher
studierte Elektrotechnik und Informationstechnik an der TU Wien sowie Nanophysik an der Universität in Lund (Schweden). Er schloss das Studium 2014 ab. 2015 startete er seine Karriere als Teilprojektleiter bei Bosch, 2021 wurde er Senior Manager for Electromobility Power Electronics Development.
Tatsächlich ist Bosch ein in vielerlei Hinsicht ungewöhnliches Unternehmen. Trotz seiner 80 Milliarden € hohen Umsätze ist Bosch bis heute als GmbH organisiert. 94 % der Anteile hält die Robert-Bosch-Stiftung, hat jedoch keine Stimmrechte. Die restlichen 6 % besitzen die Nachfahren des Firmengründers. Die Stimmrechte liegen wiederum bei der Robert Bosch Industrietreuhand KG, die mit Mitgliedern der Geschäftsleitung, Familienvertreter*innen und weiteren Wirtschaftstreibenden besetzt ist. Sie hält wiederum keine Anteile. Die GmbH-Struktur führt dazu, dass die Gewinne entweder an die Stiftung ausgeschüttet werden oder in der Organisation verbleiben.
Moderbacher will mithelfen, die Gruppe in Wien stabil aufzustellen. Aktuell arbeiten 30 Mitarbeiter*innen in seinen Teams, kurzfristig sollen es 45 werden. Weiteres Wachstum ist sehr wahrscheinlich, auch wenn Moderbacher keine konkreten Zahlen nennen will. Er achte auf einen guten Mix, sagt er, und stellt ältere Mitarbeiter*innen genauso an wie Absolvent*innen frisch von der Universität. Aktuell sind ausschließlich Elektrotechniker*innen dabei, doch auch in diesem Bereich brauche man unterschiedliche Expertisen.
Die zu finden ist jedoch nicht immer einfach, insbesondere im Bereich Leistungselektronik sei ein Mangel zu spüren: „Das sind die Leute, die ich am meisten suche und am schwierigsten finde.“ In der Automobilindustrie versteht man unter Leistungselektronik die zentralen Komponenten für elektrische Antriebsstränge, umfasst sind die Ansteuerung der elektrischen Maschine, die Kommunikation mit der Fahrzeugsteuerung sowie die Diagnose des Antriebs. Dieses Wissen zu finden ist für Moderbacher aber essenziell, denn ohne das kann er das große Ziel nicht verwirklichen. „Wir müssen mehr Know-how im Bereich Leistungselektronik aufbauen, damit wir die Verantwortung für komplette Kundenprojekte in Wien übernehmen können.“

Bosch hat schon immer einen technologieoffenen Ansatz gewählt, wie CEO Stefan Hartung stets betont. Man dürfe sich nicht nur auf batteriebetriebene Antriebe konzentrieren, sondern auch auf Brennstoffzellen, also mit Wasserstoff betriebene Verbrenner- oder Elektrofahrzeuge. „Wir müssen uns alle Optionen offenhalten“, sagte Hartung kürzlich in einem Interview mit dem deutschen Tagesspiegel.
Dem stimmt auch Moderbacher zu, wobei er Batterien doch als dominantes Thema sieht: „Ich denke, dass in Zukunft 90 % aller neu zugelassenen Fahrzeuge ab 2035 in Europa und Nordamerika batterieelektrisch sein werden. Für Busse und schwerere Fahrzeuge wird es eine Nische mit Brennstoffzellen geben. Zusätzlich gibt es auch Hybride als Option.“
Zuversichtlich ist Moderbacher auch hinsichtlich der Rolle, die Europa bei dem Thema spielt. Vor einigen Jahren wurde nämlich befürchtet, der Kontinent könnte den Trend verschlafen: Tesla dominierte die Aufmerksamkeit, und als sich mit Bosch 2018 der letzte europäische Player, der infrage kam, gegen die Produktion eigener Batterien entschied, waren Kritiker*innen verzweifelt. Durch die Investitionen von Bosch sowie der deutschen Autobauer, aber auch vieler Start-ups, die in diesem Bereich aktiv sind, habe man aber stark aufgeholt, findet Moderbacher: „Europa ist nun vorne dabei.“
Wunschposition, Wunschthema, Wunschjob: Obwohl Moderbacher nie einen konkreten Karriereplan im Kopf hatte, war sein Weg bisher sehr erfolgreich. Auf die Frage nach seinen ganz persönlichen Zielen denkt Moderbacher kurz nach. „Es ist etwas schnell gegangen, aber ich mache aktuell genau das, was ich schon immer machen wollte. Da ich aber grundsätzlich Herausforderungen suche, kann ich mir gut vorstellen, auch bald noch weitere Schritte zu gehen.“
Fotos: Gianmaria Gava