Gianmaria Gava

DAS LEBEN OPTIMIEREN

Zahra Babaiee möchte he­rausfinden, wie unser Gehirn funktioniert, und dieses Wissen nutzen, um es verbessert und vereinfacht auf Computersysteme zu übertragen. Ihr Ziel ist es, unser Leben zu erleichtern, wie es beispielsweise autonomes Fahren oder Sprachassistenten wie Alexa bereits heute tun. Die 25-Jährige forscht derzeit im Rahmen ihres Doktorats­kollegs für belastbare eingebettete Systeme an der TU Wien.

Text: tuw.media-Redaktion Foto: Gianmaria Gava

Bereits während ihrer Schulzeit interessierte sie sich für Mathematik und beschäftigte sich damals schon mit dem Programmieren. „Anders als in der Mathematik ­hatte ich in der Informatik die Möglichkeit, die Ergebnisse wirklich zu sehen und im echten Leben anzuwenden“, so Babaiee. Im Zuge einer Universitäts­aufnahmeprüfung erreichte sie von über 200.000 Teilnehmer*innen den 89. Rang. Je nach Platzierung konnte man sich anschließend aussuchen, an welcher Universität man sich für welches Studium inskribieren möchte. „Es ist sehr schwer, aufgenommen zu werden, besonders an den Top-Universitäten. Ich hatte das Glück, eine gute Platzierung zu haben, sodass ich an der Sharif University of Technology (SUT, Anm.) im Iran aufgenommen wurde, um dort Computer Engineering zu studieren“, so Babaiee.

Die 25-Jährige schloss ihr Bachelorstudium an der SUT mit Auszeichnung ab. Ihre erste Arbeit war biologisch inspiriert und handelte von Deep Vision. Sie beschäftigte sich mit dem Convolutional Neural Network (CNN), auf Deutsch: gefaltetes neuronales Netzwerk. Diese Netzwerke sind durch das Sehsystem des Menschen inspiriert; wir haben rezeptive Felder in unseren Augen, CNNs ver­suchen, diese zu imitieren. „Es gibt tatsächlich eine Menge möglicher Anwendungen, wenn man an Deep Vision denkt. Wir setzen sie schon jetzt in unserem täglichen Leben ein, zum Beispiel in unseren Smartphones, bei der Gesichtserkennung unseres Sperrbildschirms oder im autonomen Fahren“, erklärt Babaiee.

Seither beschäftigt sie sich vor allem mit biologisch inspirierten kleinen und robusten tiefen neuronalen Netzen (Cyber-physische Systeme). Neuronale Netzwerke sind im Aufbau am menschlichen Gehirn orientiert – durch sie sind Computer fähig, Probleme zu lösen und sich zu verbessern. Allerdings sind sie sehr groß und dadurch schwer in ressourcen­be­schränkten Geräten wie Mobiltelefonen oder kleinen Robotern einzusetzen. „Wir versuchen also, diese Systeme zu verkleinern, damit sie effizienter eingesetzt werden können. Eine der größten Herausforderungen von tiefen neuronalen Netzwerken ist, dass sie sehr groß sind und daher als Blackbox bezeichnet werden. Darum ist es besonders schwierig, sie in sicherheitskritischen Bereichen wie in medizinischen Systemen oder Ähnlichem einzusetzen“, so die Forscherin.

In ihrer Bachelorarbeit setzte sie sich erstmals genauer mit Deep Learning und maschinellem Lernen auseinander. Noch während ihres Bachelor­studiums kam Babaiee für ein Forschungspraktikum an die TU Wien. Sie arbeitete unter der Leitung von Professor Radu Grosu, Leiter des Instituts für Computer Engineering, in einer Gruppe an einem weiteren Projekt über Deep Learning. Die ­Forscher*innengruppe konzentrierte sich auf die Suche nach neurologischen und neurowissenschaftlichen Aspekten des Deep Learning. Deep Learning wird beispielsweise in Assistenzsystemen und der Sprachverarbeitung angewendet, in Programmen wie Siri oder Alexa.

Künstliche neuronale Netze, die von unserem Gehirn inspiriert sind, werden genutzt, um Computersysteme auszustatten und alltägliche Geräte wie Smartphones zu optimieren. Mit ihnen beschäftigt sich auch TUW-Doktorandin Zahra Babaiee.

Nach dem Praktikum wurde Babaiee eine Doktorand*innenstelle angeboten und aufgrund ihres Bachelor with Honor (verliehen bei herausragendem Studienerfolg) war es ihr möglich, den Masterabschluss zu überspringen und direkt mit dem Doktoratskolleg für sogenannte belastbare eingebettete Sys­teme an der TU Wien zu beginnen.

Das Doktoratskolleg ist darauf ausgerichtet, dass neue Methoden und Lösungsansätze für Gebiete der Digitalisierung erforscht werden, z. B. im Bereich der Industrieautomatisierung. „Ich war daran interessiert, herauszufinden, was in un­seren Gehirnen und jenen von Tieren vor sich geht, und wie wir dieses Wissen in die tiefen Systeme der ­Computer einbauen können“, so Ba­baiee; „ich mag es, dass mir die Forschung erlaubt, Neues zu erschaffen.“ Die größte Herausforderung sei dabei, mit der Geschwindigkeit des Fortschritts und großen Unternehmen wie Google, die über weit mehr Ressourcen verfügen, mitzuhalten. „Ich schätze den akademischen und den Forschungs­sektor sehr und möchte auch eine Forscherin bleiben“, so ­Babaiee.

Text: Lea Czimeg