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Über Macht und Ohnmacht

„Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen“ lautet ein chinesisches Sprichwort. Der Klimawandel erfordert Zusammenarbeit. Mauern sind das falsche Konzept. Deswegen braucht es nicht nur Forschung, sondern auch Kommunikation.

Text: tuw.media-Redaktion Foto: Fotos: unsplash,TU Wien

Die Schlagzeilen: „Ein Winter ohne Kältewelle“ oder „EU macht Atomkraft offiziell grün“. Die Botschaft: Unser Planet hat Fieber – Tendenz steigend. Der Appell: Mehr Einsatz für das Klima. Klimawandel und Klimaschutz sind so präsent wie selten zuvor und rufen verschiedenste Emotionen hervor. Daher polarisieren Meldungen wie diese auch. Die diesjährige Diskussion über die Einordnung von Atomkraft und Erdgas als nachhaltig spaltet Europa in Sachen Klimapolitik einmal mehr. Während Länder wie Finnland oder Frankreich weiterhin neue Atomkraftwerke bauen, legten Länder wie Italien ihre Kraftwerke bereits nach dem Atomunfall in Tschernobyl still. In Österreich, wo niemals ein Atomkraftwerk in Betrieb genommen wurde, aber auch in Deutschland gingen Anfang 2022 nicht nur Bürger*innen auf die Straße, auch drohten die Staatschefs mit Klagen gegen die EU.

Auf das, was eine Gesellschaft denkt – wenn nicht sogar auch auf das, was sie als richtig erachtet –, haben Medien einen großen Einfluss. Das trifft ebenso auf den Klimawandel im Allgemeinen, wie auch auf konkrete Gegenmaßnahmen zu. Während die Wissenschaft erforscht, wie sich das Klima verändert, wodurch der Wandel ausgelöst wird und welche Maßnahmen notwendig sind, um ihn zu stoppen, sind es die Medien, die das Wissen verbreiten und die breite Öffentlichkeit informieren. Doch hier treffen zwei Logiken aufeinander: Während über 90 % der Klimaforscher*innen davon überzeugt sind, dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt, ist die Berichterstattung anfällig für eine verzerrte Darstellung. Denn Medien verfolgen oft das Ziel der ausgewogenen Berichterstattung. Hinzu kommt, dass mehr Wissen nicht unbedingt bedeutet, dass wir auch mehr handeln. Gerade bei solch einem komplexen Thema, das weit außerhalb der Reichweite eines Einzelnen liegt, kann Wissen schnell in Ohnmacht umschlagen. Daher braucht es wissenschaftlich fundiertes Wissen und Medien, die dieses so teilen, dass es verständlich und positiv konnotiert ist. Die Kunst dabei ist, die Lesenden nicht in eine Schockstarre zu versetzen, sondern aufzuzeigen, wie ein Weg aus der Krise aussehen kann.

Ebenso wie sich das Klima wandelt, verändern sich auch die Medien. Internet, Smartphone und Apps ermöglichen uns einen ganz anderen Zugang zu Nachrichten, als es die klassischen Massenmedien tun. Freund*innen, Bekannte oder Influencer*innen werden auf einmal neben den etablierten Medien zur Informationsquelle. Ein besonderes Beispiel dafür ist die Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“. Die Klimaaktivistin Greta Thunberg hat Anfang 2022 mehr als 2,5 Millionen Follower auf Facebook, auf Twitter sind es etwa fünf Millionen. Auf Instagram folgen ihre sogar 14,2 Millionen Personen - mehr Menschen, als in Österreich leben. Nicht nur wegen ihrer Überzeugung und Leidenschaft, auch wegen dieser Masse an Followern ist ihr Appell, freitags zu streiken, so erfolgreich.

So ist in den vergangenen Jahren nicht nur das Bewusstsein für den Klimawandel gewachsen, auch die mediale Berichterstattung hat stark zugenommen. Kaum ein Format beschäftigt sich nicht damit – Nachrichten, Satiresendung, Filme und Serien. Das polarisiert, schnell steht der Vorwurf des moralischen Zeigefingers im Raum, und der spaltet. Dabei ist der Klimawandel eine Herausforderung, der wir nur geschlossen als Gesellschaft begegnen können. So sollten wir zusammenhalten, einander zuhören und den Dialog suchen, anstatt uns voneinander abzuwenden.

Sarah Link
...ist Kommunikationswissenschaftlerin und arbeitet an der TU Wien an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit. Sie selbst versteht sich als Übersetzerin – von „Wissenschaftssprache“ auf „allgemein verständlich“.